Archiv vom 'Juni 2nd, 2010'

Zweitwohnsitz Waltershof

Ich habe heute einen 20er voll losem Weizen aus dem Bukai geholt. Der soll in Neumünster abgekippt werden, mit Originalpapieren und einer ATA bewaffnet habe ich mich dann am Zollamt Waltershof in die Schlange eingereiht. Nach nur etwas über 1 Stunde Wartezeit war ich dann dran und reichte meine Papiere in das „Aquarium“ an den Zöllner weiter.
Einige Minuten später kam er ans Fenster und fragte, ob ich den Container öffnen würde.
Hallo? Gehts noch? „Würden Sie sich vor eine Tür stellen und sie aufreissen, wenn da 22t Schüttgut hinter lauern?“ fragte ich den jungen Mann. Er schüttelte den Kopf, bestand aber auf seiner Probe.
Zum Verständnis: Schüttgut wird quasi von oben in den auf der Stirnwand stehenden Container gekippt und dann die Türen geschlossen, bevor er wieder auf seinen Boden gestellt wird. Entweder wird ein großer „Müllbeutel“ in die Dose gehängt, oder es wird einfach reingekippt. Da dieser Container schon dem Druck nachgab und die Seitenwände deutlich nach Außen gewölbt waren, wollte ich den Druck eigentlich lieber gar nicht kennenlernen und weder 22t Weizen, noch einen „Müllbeutel“ auf den Zollhof fallen lassen.
Der Zöllner telefonierte eine Weiler herum, ich ebenfalls. Disponent und ich waren uns einig, ich mache die Dose nicht auf, sollen sich die Jungs halt etwas einfallen lassen. Die 2. Stunde war längst um.
Zwischendurch informierte mich der Zöllner, daß er den Vorgang an eine junge Dame im Nebenbüro abgegeben habe, weil er Feierabend hätte.
Gleiche Diskussion dann mit der Zöllnerin, sie telefonierte ebenfalls herum, kam noch mit raus und schaute sich die aufgeblähte Büchse an, fand es verantwortungslos, so etwas dem Fahrer zu überlassen und ging wieder telefonieren.
Etliche Telefonate und Faxe später habe ich dann nach 3 Stunden erstmal den Vorgang unterbrochen, um etwas essen zu gehen und endlich eine zu rauchen.
Mein Disponent gab mir die Nummer vom Sachbearbeiter beim Empfänger, den habe ich dann angerufen. Er wusste erst gar nicht, was ich wollte, als ich ihm sagte, er möchte doch bitte vorbeikommen, um den Container zu öffnen und eine Probe zu ziehen. Nein, das wäre ja viel zu gefährlich..
Er hat sich dann daraufhin mit dem Absender in Verbindung gesetzt und informierte mich, daß da eine Holzwand im Container sei, die man mit der Kettensäge öffnen müsse. Oben sei ein wenig Luft, da könne ich rübergreifen und eine Probe ziehen. Es würden höchstens ein paar hundert Gramm, maximal 1 Kilo hinten rauskullern. Ich habe das dann an die Zöllnerin weitergegeben, den Wisch unterschrieben, daß ich die Dose öffnen würde und bin mit einem Eimerchen bewaffnet an den Container gegangen.
Vorsichtshalber habe ich einen Kollegen aus der Warteschlange mitgenommen, falls da doch alles rausrutscht, daß ich nicht unter Weizen begraben ersticken muß.
Siegel geknackt, einen Hebel aufgemacht und vorsichtig den nächsten angezogen, immer in der Erwartung des großen Drucks. Die Tür stand an der Unterkante mittig vielleicht gerade mal einen Zentimeter auf, da stand ich schon bis zum Knie im Weizen. Soviel zu „maximal 1 Kilo“.
Ich hab die Tür wieder verschlossen und das Eimerchen einmal durch den Haufen gezogen und bin dann wieder rein. Eimerchen durchs Fenster gereicht und auf den Abschluß des Vorgangs gewartet. Mittlerweile war die 4. Stunde schon angebrochen.
Während die Zöllnerin die Papiere durchging habe ich mir einen Besen organisiert und den Weizen vom Hof gefegt. Wenn jemand demnächst Tauben in Hamburg sieht, die nicht mehr fliegen können vor Fettleibigkeit, die waren in Waltershof zum essen 😉 Der Platz da sah aus wie ein Vollkornbrötchen. Ich hab noch den Sachbearbeiter angerufen, daß er nun wohl ne halbe Tonne weniger bekommt und in Ermangelung eines Mülleimers den Haufen in einen Gulli geschoben.
Als ich drinnen ankam waren dann auch meine Papiere fertig und ich konnte nach fast 5 Stunden endlich diesen gastlichen Zollhof verlassen.
Nett fand ich die Verabschiedung der Zöllnerin. „Schön, daß Sie nach all dem Ärger noch so freundlich sein können“, sagte sie zu mir. Warum sollte ich unfreundlich sein? Es war ja nicht Ihre Schuld, sondern die des Versenders. Normalerweise macht man für sowas ein T1 in Hamburg auf, das wird dann direkt beim Kunden geschlossen und der Zollbeamte kann hinten im Staub stehen und sein Beutelchen in die Masse halten, die ich in die Gosse kippe.
Nächstes Mal versuche ich gar nicht erst, einen Schüttgutcontainer auf ATA aus dem Zoll zu bekommen, sondern lasse den stehen, bis ich ein T1 habe.
So, und nun habe ich fertig und kann endlich ins Bett. Morgen überlege ich mir dann, ob ich den Container auch nur 1 cm ankippe, bevor ich nicht ein paar Euro fürs Fegen auf der Hand habe. Ansonsten kann der sich den Kram mit der Schaufel da rausholen, weil das Kippchassis „zufällig“ grade in dem Moment kaputt ging..