Reife Leistung

Ich kam heute von der A38 am Dreieck Drammetal auf die A7 Richtung Göttingen. Da ich recht schwer war, habe ich mich bemüht, nach der auf 60 km/h beschränkten Kurve ordentlich Schwung mitzunehmen, um mich gut in den fließenden Verkehr einfädeln zu können. Auf der Beschleunigungsspur fuhr ich dann parallel zu einer roten Daimler-Maschine der neuen Generation, die immer weiter zu mir rüber zog. Die Spur ist recht eng dort und ich kam der Leitplanke immer näher, ohne dass der Kollege aufgehört hätte. nach rechts zu ziehen. Also habe ich Anker geworfen, die Hupe gedrückt und es gerade noch geschafft, dass er mir nicht den linken Spiegel abfuhr. Fluchend bin ich dann hinter ihm reingezogen und bemerkte, dass die Mittelspur über Kilometer frei war, er hätte mich also bequem reinlassen können.
An der nächsten Steigung hatte ich genug Schwung, um zumindest bis zu seiner ersten Trailerachse an ihm vorbei zu ziehen, bevor er wieder Gas gab und ich meinen Überholvorgang abbrechen musste. Wenigstens hatte ich mir das polnische Kennzeichen notiert und als ich hinter ihm wieder einscherte, das vom norwegischen Auflieger auch noch.
Ich blieb dann hinter ihm und war ein wenig verwundert ob seiner „raumgreifenden“ Fahrweise. Er fuhr Schlangenlinien, immer halb auf den Pannenstreifen und halb auf die Mittelspur. Ein, zwei Mal scherten gerade noch eben PKW auf die linke Spur aus. Noch dazu konnte er sein Tempo nicht halten, er pendelte immer zwischen 78 und 85 km/h.
Auf Höhe Göttingen Nord rief ich dann die Polizei an, das war mehr als gefährlich, was der da ablieferte. Die Polizei rief mich dann mehrmals zurück, wo wir uns befinden und ob ich noch immer hinter ihm wäre. Etwa 25 km später haben sie mich dann überholt, sind vor ihm eingeschert und haben ihn auf den nächsten Parkplatz gezogen. Ich bin weitergefahren, weil der Parkplatz gesperrt und auf der Bremsspur nicht genügend Platz für 2 LKW und die Schergen war. Kurze Zeit später rief mich dann einer der Beamten wieder an und bedankte sich, der Kollege hatte beim Alkoholtest 2 Promille, das Fahrzeug wurde gegen Zahlung einer Sicherheitsleistung an die Kette gelegt und der Fahrer zur Blutprobe mitgenommen. Man bräuchte noch meine Aussage und ich sollte mich dann mit den Kollegen aus Hildesheim auf einem Rastplatz treffen, um diese zu machen, was ich auch gerne tat.
Mit 2 Promille kann ich nicht mehr laufen, von daher ist das wirklich eine reife Leistung, einen 40-Tonner damit mehr oder weniger auf der Strasse zu halten. Wenn man die Tagespresse auf Berufliches beobachtet, so wie ich und viele andere Fahrer es tun, dann stösst man gerade in der letzten Zeit vermehrt auf Meldungen, an denen alkoholisierte und häufig osteuropäische Fahrer beteiligt waren. Ich weiss nicht, ob es an der besseren Vernetzung heutzutage liegt, dass man es mehr wahrnimmt, oder ob da eine tatsächliche Zunahme vorliegt. Ich möchte es auch ungerne an den Osteuropäern festmachen, die tun auch nur ihren Job, fern der Heimat, teilweise über Wochen und verdammt niedrig entlohnt. Ich hab sogar noch Verständnis dafür, wenn da einer zur Flasche greift. Für Fahren unter Alkoholeinfluss habe ich allerdings überhaupt kein Verständnis.
Wir werden uns wohl an solche Dinge gewöhnen müssen, denn diese Jungs werden in Zukunft mehr und mehr unsere Dinge des täglichen Bedarfs auf deutschen Strassen bewegen. Die deutschen Fuhrbetriebe kämpfen schon seit Jahren ums Überleben, an den Löhnen kann man nicht mehr viel sparen und der Nachwuchs bleibt aus, denn die jungen Leute haben keine Lust, für den halben Stundenlohn eines polnischen Erdbeerpflückers 200 Stunden im Monat zu reissen und wochenlang von zuhause getrennt zu sein.
Quo vadis, deutsches Transportgewerbe?

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