Nachtblues

Es ist kurz vor 20.00 h, Du machst Dich auf, Deinen Auflieger am IKEA-Zentrallager Dortmund abzuholen. Der Trailer ist schnell gefunden und aufgesattelt, noch die Papiere holen, dem Wachpersonal ein schönes Wochenende wünschen und ein paar Minuten später befindest Du Dich auch schon auf der Autobahn. Aus dem Radio dudelt leise Musik, Du hast 1Live angemacht, die Scheinwerfer reißen ein Loch in die Dich umgebende Dunkelheit. Unter Dir brummeln die Pferdchen beruhigend, der Wind rauscht um das Fahrerhaus, Du legst den Tempomat auf 87 km/h ein und stellst den Retarder auf 90 km/h und lässt DAFne einfach laufen.
Das Funkgerät schweigt, außer einem leisen Rauschen ist nichts zu hören. Du kontrollierst noch einmal das Navi, ob irgendwelche TMC-Meldungen für Deine Route vorliegen, aber auch da ist Ruhe. Ein Griff zur Thermoskanne, der Kaffee plätschert leise in Deinen Becher, dann lehnst Du Dich entspannt zurück und hörst Nachrichten im Radio.
Kilometer für Kilometer frisst DAFne in sich rein, das schwarze Band der Autobahn huscht in der Dunkelheit an Dir vorbei. Du legst eine CD ein, die Musik auf 1Live wird Dir zu ruhig für die Nacht. Höhe Lotte/Osnabrück stoßen die dänischen Blumenkutscher auf ihrem Weg von Holland nach Dänemark zu Dir und ziehen dann auf den nächsten Kilometern an Dir vorbei, um in der Nacht zu verschwinden. Du schenkst Dir noch einen Kaffee nach und beißt in das Brot, was Du Dir vor der Fahrt noch gemacht hast. Ab und zu kommt ein Regenschauer und Du stellst den Scheibenwischer an. Du hast Dich hinter einen Brückenkutscher gesetzt und fährst ihm mit etwa 200m Abstand hinterher.
Bremen, Halbzeit sozusagen, der Verkehr wird kurzzeitig ein wenig dichter, Du blickst auf die Uhr, es geht auf 23.00 h zu. Ohne zu bremsen fährst Du in die Baustelle auf der A1 ein, nimmst sie mittig, denn der Wind kommt jetzt etwas kräftiger von der Seite. Die Plane bauscht sich an der Leeseite ein wenig aus und Du musst einige Böen korrigieren, die Dich aus der Spur zwingen, da musst Du nicht auch noch einen PKW neben Dir haben. Dir kommen eine Menge bunte Lichter entgegen, die Kollegen kommen von der Fähre und sind unterwegs nach Hause. Du machst das Radio leiser und das Funkgerät etwas lauter.
Ein kurzer Gruß, ein paar Bemerkungen über das schlechte Essen an Bord und die unruhige Überfahrt, noch ein kurzer Streckenbericht und die Verbindung reißt schon wieder ab. Deine Strecke ist frei bis zum Buchholzer Dreieck und während die Rücklichter der Kollegen im Spiegel immer kleiner werden, denkst Du kurz wehmütig an die Zeit in Schweden, dann hat Dich die Nacht wieder.
Du machst das Radio wieder lauter, schenkst Dir einen Kaffee ein und nimmst das letzte Stück nach Hamburg in Angriff. Hinter dem Buchholzer Dreieck fährst Du auf den Parkplatz Rosengarten ab, 4.05 h nach Deinem Start in Dortmund. Dort musst Du eine 45er machen, bis zum ersten Parkplatz hinter dem Elbtunnel schaffst Du es nicht. Eigentlich magst Du keine Pause machen, Du bist fit und weißt genau, nach dieser Pause wirst Du müde sein, aber der Gesetzgeber schreibt es nun einmal so vor..
Du setzt Dir noch eine Kanne Kaffee auf und schaust andauernd auf die Uhr, ob Du schon weiter darfst. Nach 45 Minuten startest Du erleichtert den Motor, legst den Gang ein und machst Dich auf die letzte Etappe nach Kiel..

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