Leben am Limit

Wenn man das noch als Leben bezeichnen mag. Momentan bin ich an einem Punkt angelangt, wo der Job buchstäblich tödlich ist. Ich habe Schlafstörungen und bin mit den Nerven zu Fuß. Im Grunde genommen werde ich nur noch durch Kaffee und den Sicherheitsgurt im Sitz aufrecht gehalten, von inzwischen dauerhaften Rückenschmerzen durch das viele Sitzen reden wir mal gar nicht..
Verwunderlich ist das nicht, wird doch alles bis ins Letzte ausgereizt oder so dermaßen knapp kalkuliert, dass Be- und Entladung sich nicht mehr in die Touren einplanen lassen, geschweige denn eine Reserve für den Fall, dass unterwegs etwas dazwischen kommt.  So kommen Kombinationen zustande, die wohl auf Dauer kein Mensch in meinem Alter mehr ohne Schäden wegstecken kann.
Beispiel gefällig? Gerne: 8.00 h Fahrt mit Pause und 1.00 h Beladung, 9.00 h Nachtruhe, Entladen, 1,5 h Fahrt, 9.00 h Nachtruhe, Durchtauschen, 4,5 h Fahrt, 9.00 h Nachtruhe, 1.00 h Entladung, 4,5 h Fahrt, 9h Nachtruhe, Durchtauschen, 6h Fahrt mit Pause, 1,5 h Entladung, 1h Fahrt. Rechnet das mal zusammen, das sind etwa 3 Tage, in denen quasi 4 Arbeitstage untergebracht sind.
Auf die Art hat man natürlich den gesetzlichen Rahmen ratzfatz bestmöglich ausgeschöpft, gesund ist etwas Anderes. Wer kann sich nach 1,5 h hinlegen und 9.00 h später topfit wieder durchstarten? Du liegst in der Koje und zwingst Dich, die Augen zu schliessen und wartest mehr oder weniger verzweifelt darauf, dass sich der Schlaf einstellt. Dann irgendwann bist Du tief eingeschlafen und wirst subjektiv im nächsten Moment durch den Wecker rausgetreten. Oder Du wirst nach 5.00 h wach und kannst nicht mehr einschlafen, obwohl Du genau weißt, Du brauchst den Schlaf, sonst hängst Du die Nacht in den Seilen.
Dass Du weißt, es geht anderen genauso, ist da auch keine Hilfe. Die ohnehin spärlichen sozialen Kontakte, die man als Fahrer pflegen kann, werden noch weiter reduziert, die Familie leidet darunter, weil Dein Leben einfach nicht in der gleichen Zeit stattfindet, wie ihres.
Heute Nacht hab ich eine Menge Zeit zum Nachdenken gehabt und für mich beschlossen, ich will das nicht mehr. Die Fahrtauglichkeit des Fahrers gehört mit zur Abfahrtkontrolle und wenn ich mich nicht fahrtauglich fühle, werde ich künftig nicht losfahren. Ich möchte nicht an dem Auflieger vor mir enden, jämmerlich eingeklemmt am besten noch, weil ich ein paar Sekunden lang nicht mehr die Kraft hatte, gegen meine schweren Augen anzukämpfen.
Normalerweise hat man eine Disposition, die mit einem Hand in Hand arbeitet, um solche Dinge zu vermeiden. Die den Fahrer vor dem gierigen Auftraggeber schützt. Ich habe eine Dispo, die keinen blassen Schimmer von ihren Aufgaben hat und stattdessen lieber Druck auf die Fahrer ausübt, gegen sie arbeitet. Die nicht imstande ist, eine Tour durch zu rechnen und passende Anschlusstouren zu verteilen. Die von mir verlangt, ich soll mich an die gesetzlichen Regelungen halten, aber ja pünktlich beim Kunden stehen. Und wenn man dann wagt, gegenan zu reden, muss man sich von einer unfähigen Planschkuh Tippse, die meine Tochter sein könnte, anhören, sie wäre meine Vorgesetzte und ich habe zu tun, was man mir sagt. So nicht. Definitiv.
Die Jobsuche ist daher eröffnet, solange werde ich mich besser bevorraten und auch mehr Klamotten mitnehmen, weil ich mir an 2 Fingern abzählen kann, dass die Wochenenden zuhause dann wohl etwas spärlicher ausfallen, schon um niedere Rachegelüste in der Dispo zu befriedigen.
 

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