Der verlorene Sohn

Mehr als zwei Monate lang lag Bernd W. in einer Kühlbox in Klagenfurt. Der deutsche Fernfahrer war auf einem Rastplatz nahe Kärnten gestorben. Doch die Leiche wollte niemand haben, die Überführungskosten niemand bezahlen.
Bernd W. wurde nur 40 Jahre alt. Der Fernfahrer aus Gülzow in Mecklenburg-Vorpommern starb, wo er die letzten 15 Monate praktisch gelebt hatte: in seinem Lastwagen. Allerdings nicht bei einem Unfall, sondern im Schlaf in seiner Ruhekoje.
Bernd W. führt ein Truckerleben wie Zehntausende anonyme Dieselkutscher in Deutschland, Tag und Nacht unterwegs auf der Straße. Für Beziehungen, für eine Freundin, bleibt selten Zeit, die Kumpels aus der Truckerszene sind sein Familienersatz. Außerhalb seines Lastwagens kommt Bernd W. immer weniger klar.
Am 25. November, einem Donnerstag, fährt Bernd W. mit seinem Fünfachser Richtung Österreich, geladen hat er leere Pappkartons für einen Milchbetrieb bei Klagenfurt. Gegen Abend entdeckt er einen Rastplatz oberhalb des Wörthersees, schwärmt am Handy gegenüber Mike Scheffler, dem Fahrdienstleiter in der Berliner Speditionszentrale, von der phantastischen Aussicht. Er sagt, er wolle früh schlafen gehen. Es ist der letzte Kontakt. Als der Fahrdienstleiter den Lkw 36 Stunden später auf dem Rastplatz aufspürt – Scheffler ist von Berlin nach Österreich geeilt – liegt der Fernfahrer schon lange leblos in seiner Schlafkoje. Todesursache: Herzinfarkt.
In Auschnitten zitiert von T-Online

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